2.5 Aspekte der Realisierung digitaler Bibliotheken

Dieser Abschnitt gibt einen kurzen Überblick über die Unterschiede zwischen konventionellen und digitalen Bibliotheken, sowie über die Probleme, die bei der Entwicklung digitaler Bibliotheken auftreten.

Die Bestandteile einer Bibliothek lassen sich in folgendes grobes Klassenschema unterteilen:

Möchte man Informationen, die zuvor in einer konventionellen Bibliothek gelagert waren, in einer digitalen Bibliothek aufbewahren, so müssen diese Informationen in digitale Informationen übersetzt werden. Die Problematik einer solchen Übersetzung ist vielfältig. So können z.B. die Seiten eines Buches mittels eines Scanners digitalisiert und durch eine Texterkennungssoftware in ASCII-Text umgewandelt werden, das äußere Erscheinungsbild (Ledereinband, Goldschnitt) eines Buchs hingegen kann nicht digitalisiert werden. Die Übersetzung bibliographischer Metadaten ist schwierig, weil Metadaten und ihre Funktionalität meist von ihren physikalischen Gegebenheiten beeinflußt werden. So beinhaltet z.B. die räumliche Anordnung der Bücher in den Regalen einer konventionellen Bibliothek eine Semantik, die in digitalen Bibliotheken schwer nachzubilden ist. Die meisten Vorgänge in konventionellen Bibliotheken werden heute noch von Menschen ausgeführt (z.B. Beratung bei der Suche eines Buchs), das Problem der Übersetzung dieser Vorgänge resultiert daraus, daß sie meist informell und äußerst komplex sind. In [NFL+95] findet sich ein detailiertere Beschreibung der angesprochenen Probleme.

Aber auch neue digitale Bestandteile werden in digitalen Bibliotheken verwaltet. Dazu gehören beispielsweise digitale multimediale Bücher. Digitale Metainformationen, wie z.B. Volltextindizes zur Suche in einer großen Menge von Informationen oder persönliche Anmerkungen, die der Leser eines Buches angegeben hat, bieten die Möglichkeit wesentlich detailliertere Metainformationen zu den Informationen vorzuhalten.

Bei der Realisierung digitaler Vorgänge oder Operationen gilt es zu beachten, daß diese evtl. große Mengen von Informationen und Metainformationen verarbeiten müssen, um ihre Aufgabe wahrzunehmen. Zu diesen Operationen gehören Volltextsuche, Einsatz von mobilen Agenten zur Informationsgewinnung und individuelle Darstellung der Informationen.

In Tabelle 2.1 werden die verschiedenen Bestandteile einer digitalen Bibliothek nach den genannten Kriterien zusammengefaßt.






Informationen Metainformationen Vorgänge/
Operationen




Übersetzungen Bücher, Büchereikatalog, Beratung bei
aus Zeitschriften, räumliche der Suche,
konventionellen Filme Aufteilung Ausleihen eines
Bibliotheken Buchs




Zusätzliche multimediales dynamische Indizes, Volltextsuche,
Bestandteile digitales Dokument, Anmerkungen zu individuelle
digitaler Computerprogramme Veröffentlichungen Darstellung,
Bibliotheken Suche durch
mobile Agenten





Tabelle 2.1: Bestandteile digitaler Bibliotheken

Eine digitale Bibliothek hat zum einen die Aufgabe Bestandteile einer konventionellen Bibliothek auf eine digitale Welt abzubilden, zum anderen neue, ursprünglich digitale Bestandteile aufzubewahren. In digitalen Bibliotheken sind Informationen und Metainformationen vollständig digitalisiert, während in konventionellen Bibliotheken Metainformationen nur teilweise (Kataloge) und Informationen meist gar nicht digitalisiert sind. Da durch die Art und Weise wie Dokumente gespeichert werden, auch die Zugriffsmöglichkeiten definiert werden, trifft man besonders bei der Entwicklung von Speichern bzw. Speichersystemen auf die beschriebenenen Probleme. Die Komplexität multimedialer Dokumente, sowie die Größe der dabei entstehenden Datenmengen erfordern neue Konzepte zur Speicherung und den Zugriff darauf. Eine Architektur, die Vorteile verteilter Systeme nutzt, um diesen Anforderungen zu genügen, ist in [Bir95] beschrieben.

Teile der Funktionalitäten, die zum Zugriff auf in Speichersystemen befindliche Dokumente benötigt werden, werden von Massenspeichern (z.B. Bitstromspeicher), andere Teile von Datenbankmanagementsystemen (DBMS) bereitgestellt. DBMS besitzen eine Abfragesprache (z.B. die Structured Query Language, [ISO92]), die es ermöglicht auf die Merkmale der Dokumente zuzugreifen. Der Zugriff erfordert jedoch ein bestimmtes Wissen über die vorhandenen Merkmale.

Um auch multimediale Dokumente in einem DBMS verwalten zu können, bedarf es weiterer neuer Funktionalitäten. Beispielsweise muß es möglich sein, gespeicherte Audiodaten in verschiedenen Formen zur Verfügung zu stellen. Während das Anhören von Audiodaten lediglich einen rein sequentiellen Zugriff erfordert, bedarf die Bearbeitung (Schneiden) von Audiodaten auch Möglichkeiten zum Vor- und Zurückspulen.